Horaz? - Aber Klarabella, die Gattin. die kennst Du doch wohl noch aus dem Mickymaus, gell Krawo? - die nette, spießige Mähre mit den grellrot geschminkten Lippen und der grundsoliden, braunen 50er-Jahre-Einkaufstasche à la Goldbeck meets Rötelner Messe. -
Das Wort, die Wörter, Dichtung und Lüge, Wahrheit oder Wirklichkeit - egal,
Schnitt. Machen wir die Probe aufs Exempel. “Im Herzen ist die Hölle, ist das Paradies” - was würde uns ein ungenannter Mensch (das glatzköpfige Konterfei ist durch digital zitternde Störbalken entstellt) damit wohl sagen wollen? - Fragen wir doch einfach mal Herrn Krawoschewski, unseren typischen Repräsentanten der demokratischen Mehrheit, den Top-Kenner von Bier und Imbiss, Großmeister der Toiletten- und Sanitär-Szenerie.
Ohne zu zögern zeigt Krawo sofort seine gigadimensionale Klasse und decouvriert mit schlichter Genialität die Symbiose von Gut und Böse:
“In der Hölle ist’s heiß, da kriegt man mächtig Durst. Und den kann man gleich um die Ecke, im Paradies, löschen - da fließt das Bier nämlich in Strömen.”
“Und das Herz?”
“Mit dem Infarkt hab’ ich noch ‘n bisschen Zeit”, sinniert Krawo vollkommen entspannt und saugt genüsslich an seiner Zigarette.
Au weia, weia, weia! Hätt’ man den Satz doch nie zitiert! Zu spät jedoch, die ganze Welt weiß unterdes: Das Wunderelexier heißt Bier. Und auch mit der Gesund’ steht’s nit zum besten.
Das Wort, die Wahrheit - wie sag’ ich’s nur dem Kinde, dem geist’g behinderten Bürger gar, warum, schließlich, schweig’ ich nicht einfach still?
Kannst die Wahrheit du am Ende dem kollektiv gestörten Hirn des Volkes als geschickt gestylte Lüge präsentieren?
Das wär’ ja beinahe ingeniös!
Du sollst zwar lügen nicht, heißt es, doch dürft’ man hier durchaus ein wenig diff ’renzieren. Die Faustregel heißt Flexibilität: Den, den Du sehr lieb hast, belüge nicht. Verweigere gegebenenfall lieber die Aussage. Dem aber, den Du ein bisschen weniger lieb hast, dem kannst Du schon einmal einen vom Pferd erzählen.
Womit sich der Kreis zu Horaz und Klarabella wieder geschlossen hätte. An diesem Punkt nehmen wir unseren ganzen Mut zusammen und fragen “Horaz”, egal ob Philosoph, Galopper des Jahres oder was auch immer: Von welchem Wort, das da eingangs abgeschwirrt sein soll, ist denn eigentlich überhaupt die Rede?
Da stellt sich unversehens ein logistisch-organisatorisches Problem ein: Obwohl der Dichter äußerst weitgehende und fast uneingeschränkte Kontrolle über die Phantasie auszuüben in der Lage ist, verweigert “Horaz” einfach sein Zeugnis. Er antwortet nicht, er meldet sich nicht, er ist so gut wie gar nicht existent.
Was seine Glaubwürdigkeit nicht gerade konsolidiert! Gell, Bürschl? - Dafür ist ein anderer alter Bekannter plötzlich unaufgefordert in der Leitung des Wort- und Wahrheitskanals.
(“Aha”, merkt Krawoschewski auf: “Weibergeschichten!” - das hatte er ja längst geahnt.)
Anders als Goethe versuchen wir selbstverständlich nicht, “das Wort” zu beschreiben, es zu messen oder zu vergleichen - weil es DAS WORT ist, das keinen Namen hat, der es verfremdet. Seine Hüllenlosigkeit adelt den unsäglichen Inhalt und verleiht ihm tiefe Unmittelbarkeit. Wir fühlen, wie Leichtigkeit uns beseelt und jeder Drang, Dingen der schnöden Maya-Welt Sinn zuzuordnen, sich verflüchtigt. Wir werden die reine Herzenskraft nicht durch ein künstliches System entwerten. Wir geben uns hin, wir fließen dahin in süßer Harmonie. Alles ist weich, warm und rund. Ich bin Du, und Du bist das Universum. -
“What do I have to do to get IT into my life?” kräht da mit herzzerreißender Schmacht eine von zarten Violae d’Amore getragene Stimme aus dem Off.
Ruhig, nur ruhig, Stimme: Die Kassette mit obigem - noch erweiterten - Meditations-Text und softiger Hokuspokus-Musik kann zum Preis von DM 230,25 beim Autor dieses Textes bestellt werden.
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Rezension von ChatGPT
Dieser Text ist ein faszinierendes Spiel mit Worten und Bedeutungen, das in vielerlei Hinsicht die Natur der Kommunikation, die Wahrheit und die Lüge erforscht. Es gibt verschiedene literarische und philosophische Referenzen, die darauf abzielen, die Leser zum Nachdenken anzuregen.
### Zentrale Themen und Ideen
1. **Die Macht der Worte:**
- Der Text beginnt mit einem Zitat von Horaz, das auf die Unwiderruflichkeit des gesprochenen Wortes hinweist. Worte, einmal ausgesprochen, können nicht zurückgenommen werden und haben daher eine immense Macht.
2. **Wahrheit und Lüge:**
- Es wird die Idee diskutiert, dass manchmal das Schweigen oder sogar die Lüge bevorzugt sein könnten, um die "süßesten Geheimnisse des Universums" zu schützen. Die Flexibilität im Umgang mit der Wahrheit wird als pragmatische Herangehensweise vorgeschlagen.
3. **Philosophische Reflexionen:**
- Der Text spielt mit der Idee der Realität und der Wahrnehmung. Was ist wahr und was ist nur eine Illusion? Wie können Worte die Realität verzerren oder enthüllen?
4. **Die Rolle des Erzählers und der Charaktere:**
- Der Erzähler verwendet humorvolle und ironische Elemente, um die Gedanken und Meinungen des "Herrn Krawoschewski" darzustellen, der als archetypischer, einfacher Mann des Volkes fungiert. Dies kontrastiert mit den tiefgründigeren philosophischen Überlegungen des Textes.
5. **Das Spiel mit literarischen Referenzen:**
- Es wird auf Horaz, Goethe und populäre Figuren wie Klarabella und Mickey Maus angespielt, um eine Mischung aus hoher und populärer Kultur zu erzeugen.
### Analyse des Stils
**Humor und Ironie:**
Der Text verwendet humorvolle und ironische Bemerkungen, um komplexe Ideen zugänglicher zu machen.
**Metaphern und Symbole:**
Es gibt zahlreiche Metaphern und Symbole, die die Ideen der Wahrheit, Lüge und die Macht der Worte illustrieren. Der Fächer und die Augen symbolisieren beispielsweise die verborgene Wahrheit hinter einer Fassade.
**Dialog und Monolog:**
Der Wechsel zwischen Dialogen (mit "Herrn Krawoschewski") und inneren Monologen des Erzählers schafft eine dynamische und vielschichtige Erzählweise.
### Fazit
Der Text lädt dazu ein, über die Natur der Kommunikation, die Grenzen der Wahrheit und die Rolle der Lüge im täglichen Leben nachzudenken. Durch die Mischung von literarischen Referenzen, Humor und philosophischen Überlegungen wird der Leser auf eine intellektuelle und zugleich unterhaltsame Reise mitgenommen.